Hier in der Region gibt es eine ganz tolle Wettervorhersage (das meine ich ehrlich!), die ich seit vielen Jahren nutze.
Per eMail-Abo bekommt man täglich die jüngsten Prognosen vom „Wetterochs„, dazu gerne auch mal Erklärungen interessanter Phänomene rund ums Wetter und die Jahreszeiten. Dazu gibt es ein Archiv, welches viele Jahre zurückreicht.
Kein Wunder: Stefan Ochs ist ja auch ein Physiker.
In einer der letzten „Wettermails“ hat Stefan Ochs nun auf ein Phänomen aufmerksam gemacht, welches man leicht übersieht, obwohl es eigentlich ziemlich auffällig ist … denn die Wintersonnenwende ist zwar noch nicht erreicht (d.h. die Tage werden immer noch kürzer), aber mittlerweile bleibt es abends doch schon wieder etwas länger hell.
Nicht bemerkt, gelle? Ich auch nicht, zumindest nicht bewusst.
Ich zitiere hier einfach mal seine Erklärung für das Phänomen, die zugegebenermaßen nicht ganz einfach zu verstehen ist:
Obwohl die Wintersonnenwende erst am 21. Dezember ist, geht doch die Sonne jetzt schon jeden Tag 20 Sekunden später unter. Wie kann das sein? Zunächst muss man sehen, dass die Sonne andererseits auch jeden Tag 40 Sekunden später aufgeht. Wir haben es also mit einer Kombination aus einer Verkürzung der Tageslänge und einer Verschiebung des Mittagszeitpunktes zu tun. Dabei wird die Verkürzung der Tageslänge nun immer geringer, je mehr wir uns der Wintersonnenwende nähern. Die Verschiebung des Mittagszeitpunktes aufgrund der Zeitgleichung ist aber zurzeit besonders schnell. In gewissem Sinn kann man sagen: Der Mittagszeitpunkt verschiebt sich jetzt schneller nach hinten als die Tage kürzer werden.
Und was die Zeitgleichung selbst betrifft, da machen wir doch einfach eine Zeitreise zurück zur Wettermail vom 16. Januar 2012:
Die Tage werden wieder länger und man merkt das jetzt auch deutlich. Am Nachmittag ist es schon wieder spürbar länger hell. Am 1. Januar ist die Sonne schon um 16.26 Uhr untergegangen und am 16. Januar geht sie erst um 16.45 Uhr unter. Hier haben wir also 19 Minuten gewonnen! Beim Sonnenaufgang sieht die Bilanz allerdings nicht so gut aus, da haben wir es nur von 8.12 auf 8.06 Uhr geschafft. Also nur ein Gewinn von mageren 6 Minuten. Wie kommt das eigentlich? Diese Frage führt uns zu der erstaunlich komplizierten Geschichte von den zwei Kugeln, von denen die eine leuchtet.
Also die Kugel, die nicht leuchtet, ist natürlich die Erde und die andere ist die Sonne. Lassen wir zunächst mal jegliche Komplikation weg und nehmen an, die Erde würde sich nicht um sich selbst drehen, sie würde sich auf einer exakten Kreisbahn um die Sonne bewegen und die Erdachse wäre nicht um 23 Grad gekippt. Wenn man nun von oben (d.h. in diesem Fall direkt auf den Nordpol der Erde) auf dieses System schaut, sieht man die Sonne und die Erde, die sich auf einer Kreisbahn im Gegenuhrzeigersinn um die Sonne herum bewegt. Der Punkt auf der Erdkugel, auf den die Sonne dann direkt von oben scheint, der Punkt also, wo die Sonne im Zenit steht, läge dann immer genau auf dem Äquator. Da die Erde sich (bei uns noch) nicht um sich selbst dreht, würde dieser Punkt im Laufe eines Jahres genau einmal im Jahr um den Äquator herum die Erde umrunden. Ein Tag wäre also ein Jahr und die Sonne ginge im Westen auf und im Osten unter, also genau andersherum als sonst. Die Linie der Punkte, an denen die Sonne im Laufe des Jahres einmal im Zenit steht, würde also einen Kreis bilden, der genau mit dem Äquator zusammenfiele. Nun schalten wir die erste Verkomplizierung dazu und die hat es in sich. Die Erdachse ist um 23 Grad gegen die Bahnebene gekippt, der Nordpol schaut also nur schräg (in Richtung Polarstern) und nicht direkt nach oben. D.h. im vorliegenden Fall sehen wir, wenn wir von oben auf die Erde schauen, nicht genau auf den Nordpol, sondern z.B. die Nordspitze Islands. Nun ergeben im Laufe des Jahres die Stellen, an denen die Sonne im Zenit steht, natürlich wieder einen Kreis, aber dieser ist nicht identisch mit dem Äquator. Dieser neue „Zenitkreis“ verläuft also nicht mehr am Äquator, stattdessen verläuft er für ein halbes Jahr nördlich und für ein halbes Jahr südlich des Äquators und schneidet diesen zweimal. Entlang dieses Kreises bewegt sich die Stelle mit dem höchsten Sonnenstand mit konstanter Geschwindigkeit einmal im Jahr um die Erde herum. Hierin unterscheidet sich dieser Kreis nicht von dem, der im Falle der nicht gekippten Erdachse genau am Äquator verlief. Doch nun an dieser Stelle zu einer anderen Frage: Ist es möglich, die Erde in kürzester Zeit zu Fuß zu umrunden? Ich denke, es kommt darauf an, wo man startet. Hat man sein Iglu direkt auf dem Nordpol errichtet, braucht man nur einmal außen herum zu gehen und man hat es schon geschafft. D.h. je näher man sich beim Nord- oder Südpol befindet, um so mehr kommt man pro zurückgelegter Strecke um die Erde herum. D.h. aber auch, dass der Sonnenhöchststand auf unserem „Zenitkreis“ an den Stellen schneller um die Erde herum kommt, die sich weiter weg vom Äquator, also näher am Nord- oder Südpol befinden. D.h. also dass die Schrägstellung der Erdachse bewirkt, dass sich die Erde scheinbar ungleichmäßig schnell um die Sonne bewegt. Im Sommer (Sonnenhöchststand in Richtung Nordpol verschoben) und Winter (Sonnenhöchststand in Richtung Südpol verschoben) kommt sie schneller voran als im Frühjahr und Herbst, wenn die Sonne direkt über dem Äquator senkrecht steht. Man denke immer an ein Männchen, das im einen Fall nur um sein Iglu am Nordpol herumlaufen muss, sich im anderen Fall aber im Kongo am Äquator schwitzend abmüht und trotzdem bei seiner Erdumrundung so gut wie gar nicht vorwärts kommt.
Nun schalten wir noch eine Komplikation dazu: Die Erde bewegt sich nicht auf einer exakten Kreisbahn um die Sonne, sondern auf einer Ellipse, d.h. auf einer ovalen Kurve. Dabei ist die Erde im Winter näher an der Sonne als im Sommer und weil die Schwerkraft der Sonne bei größerer Nähe stärker wird, bewegt sich die Erde im Winter schneller um die Sonne als im Sommer. D.h. die elliptische Erdbahn führt zu dem Effekt, dass die Erde sich im Winter schneller um die Sonne bewegt als im Sommer. Wir sind Anfang Januar der Sonne am nächsten und Anfang Juli sind wir am weitesten von der Sonne entfernt. D.h. wir bewegen uns im Winter schneller um die Sonne als im Sommer.
Noch rotiert die Erde nicht um sich selbst, aber trotzdem fasse ich schon einmal zusammen: Die Erde bewegt sich ungleichmäßig schnell um die Sonne Zum einen ist die durch die Kippung der Erdachse bedingt, wobei dieser Effekt nur für den Beobachter auf der Erde relevant ist und nicht für einen Beobachter, der sich das Sonnensystem von außen betrachtet. Aber das ist für diesen Zweck hier egal, für uns bewegt sich die Erde wegen der Kippung der Erdachse ungleichmäßig schnell um die Sonne. Und dann ist da die elliptische Umlaufbahn der Erde, die ebenfalls zur ungleichmäßig schnellen Umrundung der Sonne beiträgt.
„Money makes the world go round“, sagt man und da die Zentralbanken ja zurzeit äußerst spendabel sind, ist es kein Problem, die Erde in Rotation zu versetzen. Hierbei muss man nur darauf achten, die Erde linksherum in Rotation zu versetzen (wenn man auf den Nordpol schaut), damit diese Rotation dann gleichsinnig ist mit der Bewegung der Erde um die Sonne. Das macht die Sache nämlich noch einmal ein bisschen komplizierter. Denn die eine Umdrehung der Erde, die von der Bewegung um die Sonne kommt, ist nun den anderen Umdrehungen entgegengesetzt, denn – wir erinnern uns – diese eine Umdrehung pro Jahr würde ja für sich alleine genommen zu einem Sonnenaufgang im Westen und einem Sonnenuntergang im Osten führen, sie arbeitet also der Rotation der Erde um die eigene Achse sozusagen entgegen. Anders ausgedrückt: Die Erde muss sich immer um ein kleines Stückchen weiter drehen als 360 Grad, damit die Sonne wieder an derselben Stelle am Himmel steht. Wenn sich nun die Erde etwas schneller um die Sonne bewegt, ist dieses Stückchen ein bisschen größer als wenn sie sich etwas langsamer um die Sonne bewegt. D.h. Tage, an denen sich die Erde etwas schneller um die Sonne bewegt, dauern etwas länger als Tage, an denen sie langsamer ist. Nun ist die Erde im Winter schneller als im Sommer und zwar wie oben ausgeführt sowohl wegen der elliptischen Bahn (näher an der Sonne!), als auch wegen der schrägen Erdachse (Sonnenhöchststand näher am Nordpol und weiter vom Äquator weg, die Sache mit dem Männchen). Das wiederum heißt, dass ein Tag, also die Zeit von Mittag bis Mittag im Winter etwas länger dauert als 24 Stunden. Das interessiert aber unsere gleichmäßig laufenden Quartz- und Funkuhren nicht. Sie gehen immer gleich schnell und das heißt im Winter, schneller als die Sonnenuhren. Diese Differenz zwischen der Sonnen- und der normalen Uhr sammelt sich nun im Winter von Tag zu Tag immer weiter auf, so dass die Sonne ihren höchsten Punkt von Tag zu Tag später erreicht. Die gesamte Verschiebung, die sich da den Winter über aufbaut, beträgt fast eine halbe Stunde! Und das ist der Grund, warum im Winter vor allem der Nachmittag von den langsam wieder länger werdenden Tagen profitiert.
Mit Grafiken und anders erklärt ist das auch bei Wikipedia zu finden:
(Stefan Ochs, Wettermail vom 16.12.2021)
http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitgleichung
Schon toll, was Physiker so alles erklären können…