Navi fürs Fahrrad

Artikel vom 20.05.2020, zuletzt aktualisiert 24.05.2020

Seit einiger Zeit trage ich eine Apple Watch mit mir herum … das Ding kann viel, zweifellos. Eines der Highlights ist es, dass die Watch unerbittlich verfolgt, wie wenig man sich im Alltag bewegt. Wenn man den Daten in Apples „Health“-Applikation ein wenig nachspürt, stellt man dann auch schnell fest, dass es eigentlich einfach ist, etwas gesünder zu leben – Treppe statt Aufzug, öfters mal Laufen statt fahren, und auch: Fahrrad anstelle Auto.

Längere Fahrradfahrten machen aber erst dann Spaß, wenn man nicht immer dieselben bekannten fünf Strecken abfahren möchte – da wünscht man sich oft eine Online-Karte, wie sie jedes neuere Auto im Armaturenbrett zeigt, bzw. wie sie ja auch auf jedem Smartphone vorhanden ist. Dummerweise gibt es für die Apple Watch bis heute keine App, die Daten oder Navigationshinweise auf Google Maps anzeigen kann.

Natürlich gibt es Navi-Apps bzw. Apps für die Watch, die mit einer auf dem iPhone installierten Navigationssoftware zusammenspielen: angefangen von Apples eigenem Kartendienst, über „echte“ Navis wie Sygic, bis hin zu „Komoot“, das für Wanderer und Radfahrer einen guten Ruf geniesst. Leider habe ich jedoch lernen müssen, dass keine dieser Applikationen dafür taugt, auf dem Fahrrad an einer unbekannten Weggabelung mal schnell und ohne anzuhalten per Blick auf die Apple Watch entscheiden zu können, wo es weitergeht – Mist!

Und soweit, das iPhone an den Fahrradlenker zu hängen, bin ich wirklich noch nicht – da ist bei meinem Rad auch ziemlich wenig Platz, weil es einen sehr kompakten Lenkervorbau hat.

Im Rahmen der Recherchen bin ich dann jedoch auf eine pfiffige Lösung gestoßen: das „BeeLine„, über Kickstarter angestoßen und von einer britischen Firma vermarktet.

Um was handelt es sich?

Eigentlich total primitiv – ein kompaktes Digitaldisplay, das mit einer cleveren Silikonhülle an quer oder längs verlaufenden Rohren am Fahrrad angebracht wird und mittels einfacher Piktogramme die auf der Smartphone laufende Navigation visualisiert. Nachdem ich ein Testgerät aber ungerne in England bestellen und dann evtl. nicht zurückgeben können wollte, habe ich meine Bestellung bei Amazon plaziert.

Die Lieferung kam innerhalb von 24 Stunden, wie gewohnt.

Was wird geliefert?

Die Sendung besteht aus einem schmucken Pappschächtelchen, in welchem das eigentliche „BeeLine“ sowie (unter einem Deckel – das muss man wissen – das passende USB-Ladekabel enthalten ist.

Installation

Dummerweise kam das BeeLine in meinem Falle mit leerem Akku an, so dass ich erstmal herausfinden musste, wie man das Ding auflädt. Spoiler – ganz einfach: das schwarze Display lässt sich aus dem roten Silikongehäuse herausdrücken und offenbart dann eine USB-Ladebuchse.

Die Ladezeit kann man nutzen, um sich die obligatorisch benötigte BeeLine-App aus dem AppStore zu laden (https://apps.apple.com/de/app/beeline-bike-navigation/id1095384281). Von den relativ schlechten Bewertungen sollte man sich nicht irritieren lassen – die kommen wohl großenteils aus länger vergangenen Zeiten, als noch recht wenige Features in der Software enthalten waren.

Zur Navigation muss die heruntergeladene iPhone-App mit dem „BeeLine“-Display per Bluetooth gekoppelt werden; das sollte kein Problem darstellen. Schlußendlich ist am Fahrrad ein passender Platz zu suchen – in meinem Fall das Oberrohr.

Nutzung

Tja. Die Routenplanung am iPhone ist nicht wirklich ein Problem – mittlerweile lassen sich auch Routen mit mehreren Zwischenzielen (Wegpunkten) editieren. Falls einer der enthaltenen Wegpunkte nicht passt, kann er auf der Karte verschoben oder soga gelöscht werden – nur das Einfügen eines zusätzlichen Wegpunktes in eine bestehende Route scheint bislang nicht möglich.

Aufsitzen, Probefahrt! Gleich am Anfang erlebe ich eine herbe Enttäuschung: das BeeLine zeigt überhaupt nicht den von mir geplanten Weg zum ersten Wegpunkt an, sondern was ganz anderes. Na gut, vielleicht war ich da etwas zu forsch oder habe den Wegpunkt nicht korrekt getroffen – starten wir die Navigation also erneut. (Eine nachträgliche Webrecherche ergibt, dass Wegpunkte wohl auf 20 m genau angefahren werden müssen, damit sie als „erreicht“ registriert werden …)

Und siehe da: das Ding funktioniert! Erstaunlich genau werden mir Weggabelungen und Abbiegehinweise signalisiert; das ganze erinnert optisch ein wenig an die ersten vereinfachten Navidarstellungen in PKWs vor zehn oder fünfzehn Jahren, und natürlich gibt es keine Tonausgabe / Sprachanweisungen. Aber es taugt!

Hinweise zur Navigation

Die Idee hinter „BeeLine“ war wohl ursprünglich, kein übliches Turn-by-Turn-Navi anzubieten, sondern lediglich eine Art „digitalen Kompass“ zu liefern, der lediglich Richtung und Entfernung des Ziels zeigt. Der urbane Radler soll sich so selbst seinen Weg suchen können, ohne die Orientierung zu verlieren – die Idee ist reizvoll, aber meiner Meinung nach nicht tragfähig für eine größere Kundschaft. Daher hat man zwischenzeitlich den fakultativen „Route mode“ hinzugefügt, der tatsächlich eine präzise Turn-by-Turn-Führung bietet (die negativen Kritiken zur App beziehen sich teilweise noch auf das Fehlen einer solchen Turn-by-Turn-Führung!).

In der App kann man weiterhin zwischen den Modi „Fahrrad“ und „Motorrad“ wählen, was sich logischerweise auf die berücksichtigten Verkehrswege auswirkt.

Lustigerweise hat der Hersteller mit „BeeLine moto“ ein (bislang nicht lieferbares) Derivat seines Systemes für Motorräder im Angebot und beschreibt das von mir getestete „BeeLine velo“ als „not suitable for motorcycle use“ – aber natürlich gelingt auch diese Navigationsart; problematisch ist es bestenfalls, das Gerät sinnvoll im Blickbereich des Motorradfahrers zu befestigen.

Sonstige Features

Das „BeeLine“-Display verfügt auch über eine Beleuchtung, die im Bedarfsfalle bei Nacht automatisch aktiviert wird, sich aber auch per Tastendruck zuschalten lässt. Anstelle der Navigationsansicht sind per Knopfdruck weitere Bildschirme anwählbar: Geschwindigkeit, Uhr und Fahrzeit, Gesamt- und Teilstrecke, Akkustand und Einstellungen. 

Absolvierte Routen können auf Wunsch zu „Strava“ hochgeladen und von dort aus in die Apple Health-App importiert werden.

Zur Akkulaufzeit kann ich noch nichts Belastbares sagen – angeblich sind rund 30 Stunden Navigationsbetrieb möglich, StandBy rund 1 Monat (das bezieht sich auf das Display, nicht auf das Smartphone!). Ich werde nachberichten.

[Update, 24.05.2020]

Die Akkulaufzeit ist – naja- im Rahmen des wohl Erwartbaren. Nach initialer Volladung und einiger Zeit des Spielens waren heute nur mehr 32% Ladungsstand erreicht; vor der geplanten  30-km-Tour habe ich das Gadget also nochmal zehn Minuten an ein iPad-Ladegerät angeschlossen und den Akkustand so auf 59% erhöhen können. Nach einer Tour von 80 Minuten steht die Anzeige nun bei 39% – also 20% Ladungsverlust innerhalb von 80 Minuten, was bei linearer Umrechnung eine Laufzeit von 400 Minuten, also knapp sieben Stunden ergäbe … das wäre DEUTLICH weniger als die Werksangabe von 30 Stunden. Ich behalte das im Auge!

[/Update]

Fazit

Clevere Idee – bislang bin ich recht überzeugt von diesem Ansatz und auch seiner Umsetzung. Klar, 120 EUR sind eine Menge Geld für ein solches Spielzeug, aber wer wirklich öfters mit dem Fahrrad und auch auf neuen Strecken unterwegs ist, der weiss das bald zu schätzen. Und die Apple Watch darf sich dann auf das Erfassen der Vitalwerte des Radfahrers beschränken 😉

 

Disclaimer

Es handelt sich nicht um einen bezahlten Review – ich habe das Gerät auf eigene Rechnung und für eigene Nutzung beschafft und werde diese Rezension ggfs. auch bei neuen Erkenntnissen aktualisieren.

Bezugsquelle: Amazon

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