„Video killed the radio star“ … wie lange ist das her? – gute vierzig Jahre sind das schon.
Mittlerweile ist klar, dass Streaming auch das klassische Video gekillt hat. Und klassisches UKW-Radio – höre zumindest ich nur noch sehr selten, weil mich die Rotation der immer gleichen sieben Titel genauso stört wie das aufgedrehte, belanglose Gequatsche der Moderatoren und insbesondere die unerträgliche, extra laut eingestellte Werbung. Allerdings haben sich Hörgewohnheiten auch geändert, denn oft läuft Musik nur mehr als „Hintergrundgeräusch“.
Das war früher mal anders … in den siebziger und achtziger Jahren war Radio noch relevant. Als Jugendliche saßen wir stundenlang vor dem Cassettendeck, um unsere Lieblingstitel mitzuschneiden und ärgerten uns maßlos, wenn der Moderator wieder mittenrein sabbeln musste. Auf diese Art und Weise entstanden Mixtapes, bei denen heute noch Erinnerungen hochkommen – na gut, das leistet heute die entsprechende Playlist bei Spotify oder Amazon music genauso, ohne mühevolle Stunden zu erfordern.
Zu Studentenzeiten in den 1980ern habe ich etliche Stunden nach den Vorlesungen spontan im Auto auf dem Uniparkplatz verbracht, nur um auf SWF3 die Sendungen von Frank Laufenberg bis zum Schluß zu verfolgen, der nicht nur tolle Musik spielte, sondern so ganz nebenbei jede Menge interessanter Geschichten und Informationen zu seinem Programm rüberzubringen vermochte.
Die „Elmi Radio Show“ mit Elmar Hörig war ebenfalls Kult (auch wenn Elmar Hörig nach einigen Ausrutschern dann wohl als „politisch inkorrekt“ verbannt wurde).
Damals war SWF3 tatsächlich ein absolut brauchbarer Ersatz für die selbst zusammengestellten Cassetten im Autoradio, und gerade Frank Laufenbergs enzyklopädische Sendungen haben meinen musikalischen Geschmack mit geprägt.
Der Sender SWF3 existiert längst freilich nicht mehr; spätestens seit der Fusion mit dem SDR3 zu SWR3 läuft auch dort das übliche Powerplay-Rotationsprogramm mit viel zuviel Werbung und hirnlosem Gequake.
Es war also nur eine Erinnerung an frühere Zeiten, und umso angenehmer überrascht war ich, als ich letzthin auf der Suche nach einem möglichst werbefreien Webradio-Anbieter eine Entdeckung machte.
(Webradio ist ja eigentlich nichts anderes als der frühere UKW-Rundfunk, nur eben jetzt über Internet als Stream ausgespielt … der Empfang ist in hoher Qualität üblicherweise weltweit möglich, aber der Programminhalt ist so gut oder schlecht wie früher über UKW. Werbefreie Sender sind ziemlich selten. Neben BBC Radio 1 waren meine bisherigen Favoriten – je nach Genre – noch Radio Swiss Classic sowie Lounge FM digital aus Wien, nur sehr dezent mit Werbung versehen)
Aber was habe ich da jetzt zufällig entdeckt?
Frank Laufenberg is back … auf „PopStop, das Musikradio„ (Link zum Stream). Offensichtlich haben sich hier einige alte Haudegen der Radioszene aus den 70er/80er Jahren zusammengefunden, um ein Programm „wie früher“ zu machen. Die Moderatorenliste stellt mehr oder weniger ein „who is who“ dar 🙂
Lustigerweise sitzt der Sender anscheinend im saarländischen Kleinblittersdorf, was ich (lange im Nachbarort Bübingen wohnend) ja nie für einen bedeutenden Standort in der Welt der Neuen Medien gehalten hätte.
Ich habe jetzt ein paar Wochen lang zu unterschiedlichen Tages- und Abendzeiten in das Programm hineingehört und stelle fest: gefällt mir sehr gut.
Keine Werbung, gute Musik, sehr abwechslungsreiches und informatives Programm, mit allerdings einigen Wiederholungen der sicher bereits vorproduzierten Beiträge. Andernorts unausweichliche Powerplay-Rotation und nerviges Gute-Laune-Gequatsche vermisse ich hier nicht.
Tatsächlich ist das fast wie früher … ich höre diesem Sender gerne zu und lasse ihn nicht nur als Hintergrundgeräusch laufen. Webradio-Empfang ist auch im Auto heutzutage kein großes Problem mehr.
Nur die Aufnahmen der Lieblingsstücke, die mache ich jetzt nicht mehr selbst, sondern merke mir gegebenenfalls den Titel, um ihn in die Spotify- oder Amazon-Playlist aufzunehmen.