… die mir die 🦠 Corona-Krise nun eingebracht hat?
Ich bin sicher: vielen Zeitgenossen geht es ebenso. Die erzwungene Vollbremsung des Wirtschaftslebens und die Aufforderung, jetzt einige Wochen möglichst nur zuhause zu verbringen, bringen jetzt ungeahnte Herausforderungen mit sich – aber eben auch Möglichkeiten, einmal Dinge anzugreifen, die seit Jahren verschoben worden waren.
In meinem Fall ist ein solches „Aufschubprojekt“: das Sichten und ggf. Digitalisieren von wortwörtlich Hunderten von 🎞 Kleinbild-Filmen aus der vordigitalen Ära, die teilweise als Negativstreifen, teilweise als ungerahmte Diastreifen, größtenteils aber als gerahmte Dias seit Jahren einen Schrank verstopfen.
Aufgabe: Kleinbildfilme digitalisieren
Ich hatte in der Vergangenheit immer wieder überlegt, die Bilder professionell digitalisieren zu lassen – aber das kostet doch einen nennenswerten Betrag (bei ca. 250 Filmen mit im Schnitt 30 Bildern und einem Preis von 15 ct/Bild kämen doch deutlich über 1000 EUR zusammen). Viele der Bilder werden das auch einfach nicht wert sein, weil verwackelt, oder einfach nicht „gut genug“.
Negativfilme: Lösungsansatz „abfotografieren“ (verworfen)
Stattdessen habe ich meine digitale SLR-Ausrüstung reaktiviert und zunächst versucht, die vorhandene Olympus E-3 mit dem lichtstarken Olympus ED 12-60 sowie ggf. dem Makro-Zwischenring EX-25 zu nutzen, um möglichst im 1:1-Maßstab Fotografien von Kleinbild-Negativen anzufertigen. Das geht tatsächlich, allerdings stellen sich einige Schwierigkeiten:
a. Aufgrund der unterschiedlichen Formate (Kleinbild 2:3 vs. FourThirds 3:4) ist eine volle Nutzung des Aufnahmeformates nicht möglich; stattdessen müssen die Aufnahmen händisch beschnitten werden – ✅, das liegt am System und ist nicht zu ändern.
b. die Kamera muss sicher auf ein Stativ montiert werden – ✅, kein Problem
c. das jeweilige Negativ muss möglichst plan und in definierter Position gehalten werden – ✅, durch Nutzung zweier dünner Glasplatten (durch Ausschlachten billiger Bilderrahmen gewonnen) ist das machbar
d. das Negativ muss von hinten (oder „unten“) durchleuchtet werden – ✅, hier tut ein iPad am Netzteil gute Dienste – einfach eine „Taschenlampen-App“ nutzen, die das gesamte Display weiss erstrahlen lässt
e. die Aufnahme muss jetzt formatfüllend justiert werden, das Fokussieren ist diffizil, und beim Auslösen darf keine Vibration entstehen – und da wird’s jetzt schwierig.
Wo liegen die Probleme?
Die gewählte Objektivkombination (ED 12-60) bringt es mit sich, dass eine formatfüllende Abbildung des Kleinbildnegativs eine Entfernung zwischen Negativ und Objektiv-Frontlinse von nur sehr wenigen Millimetern erzwingt. Das vereinfacht die Ausrichtung der Vorlage nicht gerade (besonders im Falle von ungeschnittenen Negativstreifen).
Die Blende ist so zu wählen, dass die Tiefenschärfe begrenzt wird – nämlich idealerweise auf die Ebene des Negatives; keinesfalls sollten die Bildschirmpixel des darunterliegenden iPad erfasst werden, denn das sähe doof aus. Der Sucher muss abgedeckt werden, damit kein Streulicht einfallen kann (an der E-3 gibt es dafür einen Schieber).
Erschütterungsfreies Auslösen geht – z.B. mit einem Fernauslöser.
Und zu guter Letzt ist es nicht gerade trivial, Negativstreifen wirklich STAUBFREI zu halten.
Einige Probeschüsse später stellte ich noch ein ganz anderes Problem fest: das Umwandeln der Negative in Positivfarben ist zwar grundsätzlich mit der Apple-Vorschau machbar, aber die herauskommenden Farben sind oft alles andere als realistisch. Für eine Verarbeitung von Tausenden von Bildern ist das also kein Ansatz.
Negativfilme: Lösungsansatz „Flachbettscanner“ (verworfen)
Grundsätzlich ist es natürlich auch möglich, Filmstreifen mit einem Flachbettscanner abzuscannen – in Ermangelung einer Durchlichteinheit nutze ich also wie bereits erprobt eine Glasplatte und ein darauf liegendes iPad als Lichtquelle.
Vorteil: es können gleich mehrere Bilder auf einmal gescannt werden (eben so viele, wie unter die iPad-Leuchtfläche passen).
Nachteil: es kommt alles schwarz-weiß heraus; ein Invertieren der Farben ergibt dann eben ein s/w-Positiv-Bild.
Ich vermute, das liegt am begrenzten Farbraum der Sensoren des Scanners (hat jemand eine nachvollziehbare technische Erklärung? Im Internet habe ich für diesen auch von anderen beobachteten Effekt keine echte Erklärung gefunden … danke!)
Negativfilme: Lösungsansatz „professionell digitalisieren lassen“ (gewählt)
Zum Vergleich habe ich dann also dieselben zwei Negativfilme, die ich versucht hatte, abzufotografieren bzw. abzuscannen, auch einmal von einem professionellen Dienstleister digitalisieren lassen. Bei einem Preis von 29 ct/Bild war es mir den Versuch wert. Im direkten Vergleich zeigt sich auch, dass die Qualitätsunterschiede deutlich ausfallen. Nicht nur, dass Staub und Flusen fast vollständig entfernt sind – die Farben sind naturnäher, und vor allem ist die Detailauflösung doch ein gutes Stück besser.
Also: ich werde wohl in den sauren Apfel beissen und die Negativfilme nach „wirklich relevanten“ Aufnahmen durchforsten, um diese dann zu beauftragen. Glücklicherweise handelt es sich um höchstens 30 Filme; ich rechne also mit rund 500 Bildern … was den finanziellen Aufwand überschaubar hält. Die vorhandenen vergilbten Papierabzüge dieser Filme können dann entsorgt werden. Die Negativstreifen wohl auch.
Schlußfolgerung: Negative sollten vom professionellen Anbieter digitalisiert werden.
Diafilme: Lösungsansatz „abfotografieren“ (gewählt)
Nach den Erfahrungen mit meinen Negativfilmen musste ich mir was einfallen lassen – denn ich hatte und habe keine Lust, hier einen vierstelligen Betrag an einen Dienstleister zu zahlen, um nachher Bilder zu erhalten, bei denen ich mir nicht einmal sicher bin, ob ich die überhaupt behalten will.
Was also tun?
„Glücklicherweise“ ist das von mir verwendete FourThirds-System (Olympus) seit einigen Jahren vom Markt verschwunden, was dazu führt, dass auch hochwertige Systemteile manchmal recht günstig erworben werden können. Also habe ich über eBay bei EDLEF’s für kleines Geld ein gebrauchtes 50 mm-Makroobjektiv erstanden, welches sich als für meine Zwecke ideal geeignet herausgestellt hat (es wird nichteinmal der Zwischenring EX-25 benötigt!).
Dieses Objektiv ermöglich jetzt auch einen vernünftigen Abstand zum abzufotografierenden Objekt (hier: gerahmtes Dia).
Meine gute E-3 ist sicher auf dem Stativ befestigt und wird mit einem Netzteil mit Dauerstrom versorgt.
Um die vielen hundert Bilder seriell aufzunehmen, nutze ich die Software „Olympus Studio 2“, die es tatsächlich noch zum Download gibt (näheres siehe Link):
Well, it looks like Studio 2 can still be had!
For Windows
Download from: http://www.olympusamerica.com/files/oima_cckb/StudioWindows.zip
Use license key: 0202 1000 2628 0855 7309
For Mac
Download link: http://www.olympusamerica.com/files/...kb/OS230EN.dmg
License key: 0202-2000-0007-8870-2477
These license keys use to be provided (and may still be provided) by Olympus support staff to whomever requested them in order to shoot tethered.
iPad unterm Glastisch Schieblehre drauf … … mit Klebeband fixiert … … und mit Olympus Studio 2 abfotografiert!
Um das Dia reproduzierbar zu positionieren, habe ich aus einem alten Bilderrahmenglas und einigen Klebestreifen eine Schablone improvisiert, die mittels selbstklebender Gumminoppen rutschsicher auf das Display des iPad aufgelegt werden kann.
ohne Glastisch: Schablone aufs iPad … … und wie gehabt abfotografiert.
Übrigens habe ich mir (trotz ansonsten 100%iger Verwendung von Apple-Geräten) die Windows-Version des Olympus Studio 2 heruntergeladen und auf den „Windows-10-Werkstattrechner“ installiert. Mit dieser Software kann die per USB-Kabel angeschlossene Kamera fernbedient werden; die geschossenen Bilder landen dann gleich auf der Festplatte und verstopfen keine Speicherkarte. Die Bilddateien werden noch während der Sitzung über die NextCloud in die Apple-Welt überspielt, wo ich sie weiter verarbeite: EXIF-Daten löschen, Sichten/Löschen, Drehen, Beschneiden.
Fazit: endlich kann ich diese lange vor mir hergeschobene Altlast sukzessive abbauen. So hat die „Corona-Krise“ einstweilen auch einen Vorteil, und der erforderliche finanzielle Invest hält sich sehr im Rahmen. Ich weiß nur noch nicht, ob ich mich WIRKLICH traue, meine alten Dias nach erfolgter Digitalisierung wegzuschmeissen … (denn die Auflösung ist beim Profi doch noch ein bisschen besser geworden).
letztes Update: 05.04.2020